Die Bedingungen waren dieses mal leider eher bescheiden. Viel zu heißes Wetter war angesagt. Dazu schwankender Luftdruck und auch der Pegel spielte nicht so mit, wie es mir recht gewesen wäre. Aber es half nichts, ich hatte eben nur in diesem suboptimalen Fenster Zeit zum Fischen. Den Großteil der Zeit verbrachte ich im einigermaßen angenehmen Schatten, wobei man es in der Sonne kaum aushielt. Das Thermometer im Zelt zeigte über 50 Grad Celsius an. Was für eine Materialbeanspruchung! Die Beschichtung meiner Brillengläser löste sich durch die Hitze ab und auch das Handy hatte wohl zu viel Hitze abbekommen, es verweigerte dauerhaft die Foto- und Video-Funktion! Erst als die Sonne unterging, konnte ich mich aus dem schützenden Schatten bewegen und wieder kompakt an den Ruten sitzen und die Fischaktivitäten beobachten. Kurz nach 20 Uhr knallte plötzlich die linke Rute auf dem Partikel-Spot los. Die aggressiv eingestellte Bremse kreischte dennoch und die Rute bog sich auf dem Pod fast zum Halbkreis! Ich nahm die Rute schnell auf und der heiße Tanz konnte beginnen. Ein Kampf auf Biegen und Brechen folgte nun, erst nach 10 Minuten hatte der Fisch seine letzten Körner verschossen und kam langsam bei. Resultat war ein sehr schöner Schuppi von 11kg. Wieder ein Auftakt nach Maß und die Gewissheit, wieder nicht Schneider geblieben zu sein.
An diesem Abend passierte nicht mehr allzu viel, sodass ich mich bald schlafen legte und bald im Reich der Träume war. Aber nicht für lange! Kurz vor zwei Uhr brüllte erneut die linke Rute los! Ich war sofort voll da und nahm die sich erneut auf dem Pod zum Halbkreis verneigende Rute auf. Ein wilder Ritt auf Messers Schneide begann! Immer wieder zog der Fisch unbeirrt Schnur von der Rolle, es ging hin und her. Hatte ich mal ein paar Meter der Schlagschnur auf der Rolle und wähnte mich in Sicherheit, kam die nächste Flucht und meine „Geländegewinne“ waren wieder dahin. Einige der Fluchten verliefen ziemlich brenzlig, der Fisch drehte sich immer wieder um seine Längsachse, um den Haken loszuwerden. Schließlich aber ließen die Kräfte des Fisches langsam nach, der Haken hielt und so konnte ich einen massiven Schuppi keschern! Wieder war der erste Eindruck beim Herausheben richtig gut. Die Waage bestätigte diesen ersten Eindruck und blieb wieder über der 15kg-Marke stehen! 15,5kg brachte der Kampf-Torpedo auf die Waage, wiederum ein tolles Ergebnis! Ich war völlig aus dem Häuschen und brauchte eine Weile, bis ich das alles begriffen hatte und endlich wieder in den Schlaf fand. Der kommende Morgen brachte neben ein paar Beifängen keine Aktion mehr. Dafür prasselte die Sonne wieder unerbittlich, sodass ich mich wieder unter den Baum in den Schatten zurückzog. Hier gab es endlich den verdienten Kaffee und ein leckeres Sandwich.
Bei der Hitze ging den ganzen Tag über fast gar nichts, erst in den Abendstunden begannen die Fische wieder mit der Futteraufnahme. Gegen 21 Uhr konnte ich noch einen kleinen 13 Pfündigen Schuppi fangen, danach lief neben ein paar Brassen und Döbeln aber nichts mehr. Als auch der kommende Morgen keinen der noch erhofften Graser brachte und die Sonne wieder unerbittlich brannte, entschied ich mich eine Nacht früher als geplant wieder nach Hause zu fahren.
Ich war aber keinesfalls missmutig oder enttäuscht, eher überaus zufrieden und glücklich über den erneuten Erfolg und das Aufgehen meines Plans. Auch oder gerade wegen der schlechten Rahmenbedingungen. Hier zeigte sich ein absoluter qualitativer Unterschied zu meiner Angelei des Vorjahres: trotz schlechter Rahmenbedingungen gelang es mir wieder Fisch zu fangen, wohingegen im vergangenen Jahr auch bei optimal erscheinenden Parametern an der – bezogen auf den Pegel – falschen Stelle mit zu wenig Futter keine oder erheblich weniger bzw. kleinere Fische gefangen werden konnten. Es zahlt sich also immer aus, seine Angelei zu hinterfragen und auf den Prüfstand zu stellen. Am Ende macht die Erkenntnis daraus und die Übertragung auf das praktische Handeln den Unterschied – auch nach so vielen Jahren des Flussfischens.
In diesem Sinne, genießt die Zeit am Wasser und fangt was!
Christoph