Ich sitze am See, beobachte das Wasser und schaue nach springenden Fischen. In den Bäumen hinter mir ruft ein Kuckuck und verabschiedet die untergehende Sonne am gegenüberliegenden Ufer. Ein Overnighter steht mir bevor, am nächsten Morgen geht es wieder auf Arbeit. Vor 20 Minuten bin ich am See angekommen, die Ruten liegen in Wasser, das Zelt steht und ich habe meine Ruhe.
Mittlerweile habe ich es geschafft, mein Tackle derart zu reduzieren, dass ich nicht nur super schnell aufbauen und einpacken kann, sondern ich bekomme auch alles mit einem mal weg, ohne Trolley, regelmäßig sogar mit dem Rad!
Ich war es leid, jedes mal die halbe Wohnung auszuräumen, nur um Fischen zu fahren. Das Auto vollgekracht bis oben hin, das Hinterrad schleift fast am Radkasten und der Trolley ist so hoch beladen, dass selbst ich kaum noch drüberschauen konnte. Dieser Wahnsinn hat mich so genervt, dass ich andere Hobbys dem Angeln vorgezogen habe. Ich hatte einfach keine Lust auf diesen riesen Aufwand, auf das Geschleppe und Geräume.
Anfang des Jahres 2018 habe ich dann begonnen, mich nach Alternativen umzuschauen. Wie kann ich mein Tackle verkleinern, ohne Notwendigkeiten zu Hause zu lassen?
Im folgenden Artikel möchte ich meinen bisherigen Reduzierungsweg aufzeigen und Tacklelösungen vorstellen, die zu einer erheblichen Gewichts- und Volumenreduzierung geführt haben. Diese sind wahrscheinlich nicht für jeden umsetzbar, denn letztlich findet jeder andere Voraussetzungen vor oder ist bereit, Kompromisse einzugehen. Doch in meinem Angelalltag, der mittlerweile eher aus kurzen Overnightern an kleineren Seen besteht, haben sich diese Lösungen bewährt und das Geschleppe hat sich so auf ein Minimum reduziert.
Ganz leicht fiel es jedoch auch mir nicht, denn vor allem das Tackle aus dem Karpfenangelbereich ist auf maximale Größe und Volumen ausgelegt. Das mag zwar komfortabel und für all jene, die das Auto hinter dem Zelt stehen haben, kein logistisches Problem sein, aber sobald ich einen Fußmarsch zurücklegen muss, habe ich ein Problem. Deswegen schaue ich mich auch nach Gegenständen um, die nicht aus dem Angelsektor kommen.
Mein Setup für "Bike to Carp"
Mittlerweile fahre ich in schätzungsweise 85% der Fälle mit dem Rad zum Angeln - im Overnightermodus. Ich bin in der glücklichen Lage, ein paar Gewässer innerhalb eines 10 km Radius' vorzufinden, die ich locker mit dem Rad zurücklegen kann. Meist geht es für mich am Abend, nachdem die Kinder im Bett sind, los und am nächsten Morgen bin ich zum Frühstück wieder zu Haus.
Ich habe mir so meine Nische gesucht, um neben Familie, Arbeit und anderen Hobbys trotzdem noch ans Wasser zu kommen. Am Ende habe ich alles danach ausgerichtet, mit leichtem, kompakten Tackle schnell am Wasser zu sein und in kurzer Zeit die Eisen fangscharf im Wasser zu haben.
Zum Glück ist der Markt für kurze Karpfenruten mittlerweile sehr groß und so habe ich zwei 9ft- Rutensätze im Gebrauch, die ich locker mit meinem Quiver transportiert bekomme. Dazu noch ein zweiteiliger Kescher und schon bin ich startklar. Die Rutensätze wähle ich je nach Anforderung an die Wurfentfernung und das Futtersetup: Befinden sich meine Spots in etwa 30-40m Entfernung, nutze ich mein Setup mit 2,75lbs Testkurve, darüber hinaus (bis etwa 75 m) nutze ich das stärkere Setup mit 3,25lb Testkurve. Im letzteren Falle kann ich auch ohne Probleme eine Midi-Spomb zum Füttern nutzen. Für das leichtere Setup nutze ich entweder eine Mini-Spomb für Partikel oder das Katapult für Boilies.
Liege und Schlafsack habe ich im Outdoorbereich gefunden. Seit einiger Zeit nutze ich einen Snugpack Schlafsack und eine kleine und leichte Aluliege (wie Helinox Cot). Damit schlafe ich besser als auf meiner Angelliege - zugegebenermaßen ist das aber nicht Jedermanns Sache.
Als Witterungsschutz nutze ich bei halbwegs guten Bedingungen mein Wychwood-Tarp, bei potentiell schlechterem Wetter einen Fox Easy Shelter. Letzteres setzt dann allerdings voraus, dass ich am Fahrrad auch den Anhänger montiere.
Kleinteile, Rigs, Köderauswahl und Rod-Setup finden in kleineren Taschen komprimiert ihren Platz. Zusammen mit einer leichten Abhakmatte, einem kombinierten Wiege- und Karpfensack und optional einer Wiegeschlinge bekomme ich so alle nötigen Dringe abtransportiert. Köder transportiere ich im geringen Maße in alten Fahrradflaschen. Ein kleiner Snack für mich und Wasser findet auch noch irgendwo Platz.
Packstrategie
Es ist kein Geheimnis, dass man umso mehr mitnimmt, je mehr Platz man zur Verfügung hat. Wenn ich also mit meinem riesigen Rucksack losziehe, habe ich entsprechend viele Gegenstände mit, die ich meistens nicht brauche. Daher bedeutet das taschenseitige Downsizing auch, dass ich hinterfragen muss, was ich wirklich brauche und was nicht. Brauche ich 10 200gr schwere Bleie, wenn ich mit meinen 2,75er Ruten an den kleinen See fahre? Muss ich meine gesamte Tacklebox mitschleppen oder reicht es nicht aus, fertig gebundene Rigs und ein bisschen Werkzeug einzupacken? All diese Fragen musste ich mir beantworten und bin mitlerweile an einem Punkt angekommen, an dem ich wirklich nur das Nötigste dabei habe, aber trotzdem noch keinen Moment hatte, wo wirklich etwas gefehlt hat. Mission erfüllt ;)
Strategie am Wasser
Mittlerweile keine ich meine umliegenden Gewässer sehr gut, so dass ich am Angeltag selber keine Spots suchen muss. Meist finde ich auch die Zeit vorzufüttern, damit ich nicht ins Blaue hinein fische. Auch spare ich mir so die Futterorgien zu Beginn der Session und füttere eher nur kleinere Mengen. Meine Rigs sind vorgebunden, teils sogar schon beködert, oder ich nutze vorbereitete Solid Bags, so dass ich Leader und Vorfach nur noch einschlaufen brauche - dann ab damit auf die Spots. Damit benötige ich so gut wie kein Endtackle am Wasser und habe die Ruten mit minimalem Zeiteinsatz im Wasser.