14.04.2016
Anfang April sollte es nun schon an den großen See nach Sachsen-Anhalt gehen, den ich schon im letzten Herbst erfolgreich befischen konnte. Voller Tatendrang und Akribie wurde die Session geplant und vorbereitet: alles sollte dieses mal passen. Das prognostizierte Wetter verhieß scheinbar perfekte Bedingungen was Windrichtung und Luftdruck betraf. So startete ich Freitag nach der Arbeit ins wohlverdiente Abenteuer-Wochenende. Vor Ort angekommen wurde die anvisierte Stelle mit dem Glas aus der Ferne in Augenschein genommen. Sie war nicht belegt und so sattelte ich die Schlauche und setzte rasch über.
Am Platz angekommen hieß es erst einmal die Ruten scharf zu machen und das aktiv arbeitende Futter zum Anschieben der Spots vorzubereiten. Erst als die Montagen an ihren Plätzen lagen, widmete ich mich dem Aufbau des kleinen Camps. Mittlerweile wurde es langsam dunkel und ich vertrieb mir die Zeit mit dem Beobachten der Wasseroberfläche. Der ein oder andere Fisch gab sich zu erkennen, sodass ich voller Hoffnung in die erste Nacht startete.
Ich las noch ein wenig, bevor ich mich schlafen legte. Doch kurz nachdem ich das Buch weggelegt und das Licht gelöscht hatte, lief die rechte Rute unter dem Dauerton des Micron ab! Also wieder raus aus der Penntüte, rein in die Watstiefel, rauf auf den Kahn und mit Volllast dem Fisch entgegen! Ein wild kämpfender, aber auch schön gezeichneter Milchner der 10kg-Klasse fand den Weg in meinen Kescher: wieder ein Auftakt nach Maß! Die Freude war riesengroß, die Fische hatten den Futterplatz sofort angenommen, was ich so schnell nicht erwartet hätte.
Der Fisch wurde schnell versorgt und dann konnte es endlich wieder in den warmen Schlafsack gehen. Doch nicht für lange, schon nach einer Stunde lief die rechte Rute wieder ab! So ging das die ganze Nacht weiter, beide Ruten im Wechsel, ich machte kein Auge zu und war demnach am nächsten Morgen auch ziemlich platt. Das Ergebnis der Nacht waren insgesamt 6 Läufe, wovon ich allerdings nur 3 Fische landen konnte. Ein Fisch stieg kurz vor dem Kescher aus, zwei verlor ich auf unerklärliche Weise durch Schnurbruch am Vorfach, obwohl es an den Spots keine nennenswerten Hindernisse gab. Nun hieß es also neue Rigs zu binden und sich den Gegebenheiten anzupassen. Verwendung fand hier das Quicksilver Gold von Kryston in 35lb Tragkraft. Dies sollte vermeintlich meine Vorfachsorgen beenden. Während ich nun also versuchte Rigs zu binden und endlich mal einen Kaffee zu trinken, bissen die Fische munter weiter, der Kaffeebecher blieb halbvoll und – ich nehme es vorweg – blieb so bis in die Abendstunden stehen, während ich immer wieder mit dem Boot unterwegs war, um den nächsten Fisch zu drillen. Die Quote der gelandeten im Vergleich zu den verlorenen Fischen verschob sich im Laufe des Tages ins positive, wobei ich immer noch den ein oder anderen Fisch durch „Schnurbruch“ selbst des Quicksilver Gold verlor. Bis heute ist es mir ein Rätsel, wer oder was dieses enorm abriebfeste Material wiederholt zum Abriss bringen konnte. Ich vermute Krebse, kann es mir aber nicht wirklich vorstellen. Die vielen Fische, die ich aber landen konnte, machten diese Session zu einer in dieser Form noch nicht erlebten, ich war im absoluten Wettkampfmodus und fing Fisch auf Fisch. Am Ende war es wohl dieses „Durchziehen“ über 20 Stunden, mit unzähligen Läufen und gefangenen Fischen, ohne Schlaf und ohne Zeit, mal was vernünftiges zu essen, was mir meine Spannkraft raubte. Final ein richtig guter Fisch der 15kg+ Klasse, der mir durch aufgebogenen Haken verloren ging und ein gehimmelter Gaskocher ließen die Laune in den Keller sinken. Vorbei war’s mit der schönen Wettkampfhärte, die Luft war raus. Der angekündigte Dauerregen machte die Sache nicht besser und so entschloss ich mich, dass es besser wäre, noch trockenen Fußes nach Hause zu kommen. Auch waren die Batterien nach ca. 10km Fahrtstrecke ziemlich am Ende, ich hätte nochmal zum Auto rudern müssen, um die Backup-Batterien zu holen, die ich zurückließ, weil ich dachte ich brauche sie nicht. Also noch ein Grund mehr, die Segel zu streichen.
Kurz bevor ich alles wieder im Auto hatte, begann es zu regnen. Erst leicht, dann immer stärker werdend. Ich zweifelte nun gar nicht mehr an meinem Entschluss und war froh, dem nun folgenden Starkregen entgangen zu sein.
Wieder zu Hause angekommen brauchte ich ein paar Tage, um das Geschehene zu begreifen und alles im Kontext einzuordnen. Ich war einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort, mit dem richtigen Futter, aber zum Teil nicht ausreichendem Endtackle. Ich hatte eine wahnsinnige Serie hingelegt, aber auch sieben bis acht Fische entweder durch Aussteiger oder Schnurbruch - immer nur das Vorfach - verloren. In dem Bewusstsein, solch eine Sternstunden-Session nicht gleich wieder zu erleben, gilt es jetzt die richtigen Schlüsse aus dem Erlebten zu ziehen, aber auch in Erinnerung an diese verrückten 20 Stunden zu schwelgen.
Bis demnächst, Christoph