17.07.2013

 

Fünf Jahre sind seit der Veröffentlichung von „Ein seltenes Vergnügen“ vergangen. Fünf lange Jahre, in denen viel passiert ist, man sich und seine Angelei weiterentwickelt hat. Doch manche Sachen verändern sich wenig  – so auch die Angelei auf einem meiner Lieblingsspots an der Elbe.

Eine Sternstunden-Session wie damals blieb mir an diesem Spot leider all die Jahre verwehrt. Mal lag’s am abzuschließenden Studium, mal an anders gesetzten Prioritäten. Doch seit drei Jahren fische ich wieder regelmäßig dort. Es gab zum Teil recht ordentliche Ergebnisse mit guten Fischen bis knapp an die 15kg-Marke, jedoch auch genügend Entbehrung und Blanks – die sie so typisch für das Flussfischen sind.

Alles neu macht der Mai dachte ich mir und begann gegen Mitte des Wonnemonats eine ausgedehnte Futterkampagne. Ende Mai sollte es dann die ersten Ansitze geben, aber die Flut machte mir einen Strich durch die Rechnung! Es dauerte sehr lange, bis diese Stelle wieder befischbar war, Mitte Juni gab es noch eine zweite, leichtere Flutwelle, die meine Pläne durchkreuzte und so konnte ich meine Futteraktion erst Anfang Juli wieder aufnehmen. Unterdessen waren aber die Bedingungen beinahe ideal wie schon lange nicht mehr. Das lies mich hoffen und meine Bemühungen intensivieren. 

Der Juli war nun schon wieder 11 Tage alt, als ich endlich einmal zwei aufeinander folgende Tage Zeit zum Fischen hatte. Es war also Donnerstag, als ich nach getaner Arbeit gegen 17.30 Uhr am Wasser ankam. Zum Glück ist die Schlepperei bei weitem nicht mehr so anstrengend wie vor fünf Jahren, mittlerweile hat man sich Hilfsmittel wie Trolley, etc. zugelegt, die das ganze Unterfangen erleichtern. Die Ausrüstung beschränke ich bei solchen Ansitzen immer auf das Nötigste, was das ganze nochmals vereinfacht. Außerdem ist für mich das Fischen unterm offenen Brolly mit die schönste Angelei überhaupt: man bekommt das Wetter und alles andere ringsum direkter mit, der Wind bläst auch mal unter den Schirm, es ist einfach eine sehr direkte Art zu Fischen, noch näher an der Natur, an allen Umwelteinflüssen.

Mit einer für mich ungewöhnlichen Vorfreude baute ich schnell das kleine Camp auf und machte die Ruten scharf. Dank der guten Vorbereitung war alles schnell erledigt und ich konnte schon bald entspannt einen Tee trinken und langsam die blaue Stunde begrüßen. Gegen neun kam dann noch Robert mit seinen Feederruten, um ein paar Aale zu kitzeln. Leider blieb das ohne Erfolg, bis auf eine Güster konnte er nichts zum Landgang überreden – kein gutes Zeichen. Dennoch konnten wir gut über neue Projekte sprechen und Pläne machen (an dieser Stelle darf man gespannt sein, was die Zukunft bringt und sicherlich wird es auch mal einen Bericht dazu geben...). Kurz nach Mitternacht verabschiedete sich Robert wieder, weil er am kommenden Tag arbeiten musste.

 

 Die Nacht verlief ruhig – auch wieder beinahe typisch für die Elbe. Doch am Freitagmorgen gegen sechs wachte ich auf, ohne mir den Wecker gestellt zu haben. Die Abläufe sind wohl schon in Fleisch und Blut übergegangen. So beköderte ich beide Ruten neu und brachte sie aus. Auch landete wieder frisches Futter auf den entsprechenden Plätzen. Mit einem frisch gebrühten Kaffee konnte ich die Morgenstimmung noch besser genießen.

 

 

Gegen halb acht bekam ich dann einen Fallbiss auf der mit einer Maiskette beköderten Rute. Der vermeintliche Brassen entpuppte sich schnell als großer Kämpfer – vermutlich ein Schuppi – denn er zog unentwegt stromab und in Richtung Hauptströmung! Als ich ihn dann langsam wieder in Richtung Ufer dirigiert hatte, begann der Fisch immer wieder in die Tiefe zu ziehen, stellte sich dann unterhalb der Uferkante hin -  und stieg plötzlich aus! Entgeistert stand ich da, der Kescher war schon im Wasser und wurde nun nicht mehr gebraucht. In solchen Momenten möchte man im Boden versinken, denn so viele Chancen bietet die Elbe nicht, meist hat man nur diese eine Chance!

 

 

 

Vorsorglich wurde das Rig gewechselt und nochmals nachgefüttert. Allerdings tat sich, bis auf einen stattlichen Döbel gegen neun, nichts mehr. Den Tag verbrachte ich lesend im Schatten einer Weide, ab und an gab es Kaffee bzw. Tee. Genau solche Momente sind es, die es beim Angeln viel zu wenig gibt. Zumindest bei meiner Angelei, das wurde mir da bewusst. Schnell war der Ärger über den verlorenen Fisch vergessen.

 

Den Abend verbrachte ich dann wieder direkt hinter den Ruten, immer wieder nach Fischaktivitäten spähend. Und da waren sie plötzlich wieder: in Höhe des Platzes an der Strömungskante buckelten wiederholt Karpfen - sie waren also wieder da! Nun war ich wahnsinnig gespannt, was als nächstes passieren, wann ein Biss erfolgen würde. Leider tat sich nichts, sodass ich mich wieder meinem Buch zuwenden konnte, als es dunkel wurde. Gegen Mitternacht schlief ich ein.

 

Um 4:45 Uhr war meine Nacht plötzlich vorbei! Die Rute an der Strömungskante lief unter jubelndem Schreien des Microns ab! Ich war schnell an der Rute und konnte gerade noch verhindern, dass der Fisch in die hier starke Hauptströmung eintaucht und dadurch den Druck aufs Material nochmals erhöht. Lange Zeit dachte ich vom Drillverhalten des Fisches her an einen Graser, war dann echt erstaunt, als mir ein stattlicher Schuppi das erste mal seine Flanke zeigte.

Nun ging das Zittern wirklich los: „bloß nicht verlieren!“ dachte ich mir und drehte die Bremse der Ultegra lieber noch ein bisschen weiter auf. Aber diesmal ging alles glatt, der Fisch war nach kurzem, aber heftigem Drill im Kescher und schon kurz darauf auf der Matte. Die Waage blieb bei 13,5kg stehen, das Maßband zeigte 77cm. Ich machte per Selbstauslöser ein paar schnelle Bilder des von der Flut-/Laichgeschäft stark gezeichneten Fisches, dann setzte ich ihn schonend zurück – dank der Regelung der „selektiven Entnahme“ kein Verbrechen.

 

 

Zufrieden hockte ich mich unter meinen Schirm, brühte mir einen frischen Kaffee und genoss einen herrlichen Sonnenaufgang. Während ich mich nun so vor mich hin freute, sah ich immer wieder große Fische die Wasseroberfläche durchbrechen. An ein Entspannen (und damit Schlafen) war nicht zu denken! Leider passierte nichts und auch die zweite Tasse coffeinhaltigen Heißgetränks konnte meiner nun wieder aufkommenden Müdigkeit nichts mehr entgegen setzen. So legte ich mich gegen um sechs wieder hin und schloss die Augen. Keine drei Minuten später  - ich war gerade am Einschlafen – vernahm ich ein komisches Geräusch. Als ich nachschaute bemerkte ich, dass es ein Regenschauer war, dessen Tropfen auf den Schirm prasselten und das Geräusch verursachten. Nach fünf Minuten war das Geräusch verschwunden und der Schauer weitergezogen. Endlich schlafen. 

Denkste! Wieder heulte ein Micron auf, dieses mal die rechte Rute mit der Maiskette! Ich also ran an die Rute und Kontakt aufgenommen. Die brachiale Gewalt, mit der mein Gegner unentwegt Schnur von der Rolle riss machte mich augenblicklich wieder hellwach. Mit dem kämpfenden Fisch am Band und dem Kescher unterm Arm ging ich etwas stromab, dem Fisch hinterher und weg von der anderen Rute, um die Gefahr zu vermindern, dass der Fisch die andere Schnur einsammelt. Der allerdings dachte gar nicht daran wieder stromauf zu schwimmen, legte sich mit seinem ganzen Gewicht in die Strömung und startete immer wieder kleinere Fluchten. An dem Punkt war für mich klar: Graser! Und ein Großer dazu! Nur mit viel Mühe konnte ich ihn langsam zum Rand hinpumpen, immer auf der Hut vor den so typischen Fluchten im Nahbereich. Langsam kam er bei und als ich die riesige Flanke das erste mal sah, schlug mir das Herz fast bis in den Hals! „Was für ein Brett“ dachte ich und wieder kam die Angst, dass der Fisch kurz vorm Finale aussteigt! Allerdings machte er keine Flucht mehr im Nahbereich, ich hatte ihn bewusst im Freiwasser ausgedrillt, das erspart den Stress vorm Kescher und dem Fisch den Verlust von vielen Schuppen. Nun kam aber schon das nächste Problem auf mich zu: mein 42“ Kescher schien fast zu klein für diesen massiven Fisch! Gerade so konnte ich ihn hinein dirigieren. Als ich den Kescher zusammenrollte um den Fisch in die Wiegeschlinge zu legen, bemerkte ich zuerst das stattliche Gewicht des Grasers! Auf der Matte angekommen blieb die Waage bei schneidigen 22kg stehen, das Maßband zeigte 1,12m!

 

 

Nun gab es kein Halten mehr, einen kleinen Freudenschrei konnte ich mir nicht mehr verkneifen. Um es dem Fisch nicht zu stressig zu gestalten, machte ich eine kurze Videoaufnahme, der ich das obenstehende Bild als snapshot entnahm. Auch dieser Fisch wurde dank der Regelung der „selektiven Entnahme“ wieder in sein Element entlassen.

Jetzt war ich überaus zufrieden. Nach einem weiteren Kaffee und einem kleinen Frühstück begann ich zusammen zu packen. Als gegen halb elf alles wieder im Auto verstaut war, konnte ich das gerade Erlebte immer noch nicht fassen! Nun, ein paar Tage später, realisiere ich erstmals, was mir da gelungen ist: der Traum eines 40+ Grasers hat sich endlich, nach so langem Warten verwirklicht!

Ich hoffe bis zu „Ein seltenes Vergnügen III“ vergehen nicht wieder fünf Jahre...wobei das vielleicht gerade so sein soll, sonst wäre das Vergnügen ja nicht mehr so selten ;)

In diesem Sinne, genießt die Zeit am Wasser und fangt was

 

Christoph (Team Underground Carpers)

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